Jogis Notelf beeindruckt

Die Engländer pflegen allzu gern ihr Trauma. Hierfür laden sie sich mit Vorliebe und schöner Regelmäßigkeit die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ein - so auch an diesem 22. August 2007 zu einem Länderspiel in ihr neues Nationalstadion. Und der WM-Dritte erfüllte seine Aufgabe trotz arger Personalnöte klaglos. Wie einst zum Abgesang in der alten Arena erlebte das neue Wembley-Stadion in London einen Sieg des DFB-Teams. Derlei Tatsachen allerdings sind für eingefleischte englische Fußballfans schwer zu verkraften und liegen noch jahrelang quer im Magen.

Ohne Elf - und trotzdem gewonnen

Der Bundestrainer sah sich im Hinblick auf diese Partie zu einigen unkonventionellen Entscheidungen gezwungen. So stellte er Philipp Lahm ins defensive Mittelfeld. Die frei werdende Position des linken Verteidigers besetzte Christian Pander. Zudem schickte Löw Kevin Kuranyi als Alleinunterhalter in den Sturm. Darüber hinaus erhielt zunächst David Odonkor rechts offensiv trotz fehlender Spielpraxis den Vorzug vor Roberto Hilbert.

Mit 2:1 behielt die Verlegenheitself von Joachim Löw am Ende die Oberhand. Was hätte den Briten geblüht, wenn nur die Hälfte der verletzten Stammkräfte hätte spielen können? So lief es natürlich auch bei den Deutschen nicht vollends rund. Vor allem die knapp 20-minütige Findungsphase brachte das DFB-Team früh ins Hintertreffen. Micah Richards düpierte erst Christian Pander und bediente dann Frank Lampard mustergültig. Dieser jagte den Ball ins kurze Eck (9.). Gleich die erste und lange Zeit auch einzige Chance der Engländer führte zum Erfolg.

Bis dahin fand die deutsche Mannschaft offensiv nicht statt. Erst ein Metzelder-Kopfball und ein Schuss von Thomas Hitzlsperger brachte das Team von "Jogi" Löw dann auf den rechten Weg. Der baldige Ausgleich war Ergebnis dieser Bemühungen. Unter tatkräftiger Mithilfe von Englands Keeper Paul Robinson kam Kevin Kuranyi zu seinem 19. Treffer im Nationaltrikot (26.).

Panders linke Klebe

Gegen Ende der ersten Hälfte gestaltete sich die zu diesem Zeitpunkt unterhaltsame und phasenweise auch temporeiche Partie ausgeglichen. Torgelegenheiten boten sich beiderseits. Getroffen hat an diesem Abend aber nur noch ein Spieler. Christian Pander, der 14. Debütant der Ära Löw, nagelte die Kugel in der 40. Spielminute aus etwa 25 Metern in die Maschen.

Die biederen Engländer wussten darauf über weite Strecken der zweiten Halbzeit keine Antwort. Lediglich die Unkonzentriertheiten in den deutschen Reihen versetzten die Mannschaft von Steve McClaren noch einmal in Aufbruchstimmung. Zudem erwiesen sich zwei Spielerwechsel der zwischenzeitlichen Drangphase als förderlich. Peter Crouch als Anspielstation im Sturm und Shaun Wright-Phillips als Unruhestifter auf der linken Außenbahn gaben dem englischen Team Rückenwind beim Bemühen um den Ausgleich. Doch mit Glück und Geschick hielt die DFB-Elf all diesen Versuchen stand, versäumte es jedoch, frühzeitig für ein weiteres Tor und damit die Entscheidung zu sorgen.

Englands düstere Zukunft

Dennoch konnte der deutsche Fußball am Ende einen wichtigen Prestigeerfolg verbuchen. Der sportliche Wert dieser Auseinandersetzung hält sich derweil in Grenzen, standen sich hier doch zwei Mannschaften, weit entfernt von ihrer Bestform, gegenüber. Doch während es auf deutscher Seite nicht nur wegen des Erfolges momentan wenig Grund zur Sorge gibt, wird der Weg zur EURO 2008 für die Engländer ein beschwerlicher. Selbst mit den diesmal abwesenden Steven Gerrard, Owen Hargreaves und Wayne Rooney genügt die Qualität der "Three Lions" längst nicht mehr den höchsten Ansprüchen. Bedenklich ist insbesondere, dass im Team seit der WM 2006 nahezu keine Entwicklung stattgefunden hat. So stellt beispielsweise die Reaktivierung von David Beckham den englischen Nationalspielern generell ein schlechtes Zeugnis aus. Offensichtlich ist hier nicht die Substanz vorhanden, um einen Beckham vergessen zu machen. Armes England!