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Die "deutsche Gruppe" hat es in sich

08. 06. 2012 – Enrico Barz

In Fortsetzung der EM-Vorschau widmet sich FUSSBALL-EM-total heute der Vorrundengruppe B. Nominell ist diese am stärksten besetzt. Mit Deutschland und den Niederlanden gehören zwei Mannschaften aus dem engsten Favoritenkreis der Titelanwärter dazu.

Jugend forsch(t) oder der Fluch der offensiven Taten

Europaweit wird die deutsche Elf neben Spanien am häufigsten genannt, wenn es um die Frage nach dem möglichen neuen kontinentalen Champion geht. Die Mannschaft von Joachim Löw verfügt mittlerweile über ein fußballerisches Potenzial, wie es nur wenige Teams auf der Welt vorweisen können. Die stetige Entwicklung, begonnen mit der WM 2006, steuert unweigerlich auf einen Höhepunkt zu. Das jeweils weite Vordringen – Deutschland kam bei den letzten drei großen Turnieren immer unter die besten Drei – sollte die nötige Routine bringen. Dennoch ging die Entwicklung immer auch mit der Heranführung junger und talentierter Spieler einher. Somit sind nur noch fünf Akteure dabei (Schweinsteiger, Klose, Lahm, Mertesacker, Podolski), die eigenhändig am Sommermärchen 2006 mitschrieben. Die ständige Blutauffrischung in den letzten Jahren führte dazu, dass Deutschland bei der EURO 2012 die jüngste Mannschaft im gesamten Teilnehmerfeld stellt. Um die eventuell fehlende Erfahrung sorgt sich beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) niemand. Maßgebendes Kriterium für den Bundestrainer ist das Talent eines Spielers. Doch gerade für die Defensivarbeit stellt das forsche und erfrischende Auftreten ein Problem dar. Hier stehen nicht die Fertigkeiten der einzelnen Spieler in Frage, vielmehr gilt das gesamtmannschaftliche Abwehrverhalten als größter Schwachpunkt der deutschen Auswahl. Zudem könnte sich die fehlende Spielpraxis des lange verletzten Per Mertesacker, eigentlich eine feste Säule im Konzept von Joachim Löw, nachteilig auswirken. Zudem fehlt der deutschen Nationalmannschaft ein weiterer erstklassiger Außenverteidiger, Philipp Lahm kann schließlich nur eine Seite bearbeiten, wird dies auf links tun. Darüber hinaus ist Deutschland in allen anderen Mannschaftsteilen überragend besetzt – zumeist auch doppelt und dreifach.

Inwieweit sich die zerrüttete Vorbereitung auswirkt – nur Spaniens Vicente del Bosque musste ähnlich improvisieren wie Joachim Löw – wird sich zeigen. Vor allem die beiden Länderspiele gegen die Schweiz (3:5) und Israel (2:0) litten erheblich, hatten mehr denn je Testcharakter und konnten nicht zur Formeinschätzung dienen. Das erste Gruppenspiel am Samstag gegen Portugal wird Aufschlüssen geben, wo die deutsche Mannschaft steht, und ob die offen formulierten Ziele (Titelgewinn) realisierbar sind.

Mehr als Ronaldo?

Portugal gilt so ein wenig als Wundertüte. Das Team von Trainer Paulo Bento konnte in diesem Jahr nicht ansatzweise überzeugen, entwickelte vielmehr eine beinahe schon chronische Torungefährlichkeit. Torlose Unentschieden gegen Polen und Mazedonien wurden erzielt, den letzten Test gegen die Türkei verlor man gar (1:3). Auch die EM-Qualifikation verlief holprig. Man hatte in der Gruppe H gegen keinesfalls überragende Dänen das Nachsehen und schleppte sich gerade so in die Relegation. Hier setzten sich die Portugiesen gegen Bosnien-Herzegowina durch. Das klare 6:2 im Rückspiel täuschte allerdings über die wahren Kräfteverhältnisse in diesem Duell hinweg, auch hier hatte man lange Zeit allergrößte Mühe.

Bei der "Selecção" dreht sich alles um Cristiano Ronaldo. Auf den Schultern des Superstars lagert viel Verantwortung. Das Spiel der Mannschaft scheint denn auch in großer Abhängigkeit zur Befindlichkeit des Stürmer zu stehen. Dabei hat Portugal weitere talentierte Akteure in seinen Reihen. Ein Champions-League-Sieger vom FC Chelsea London gehört dazu: Raúl Meireles. Und "Nani" von Manchester United ist wie Ronaldo in der Lage, ein Spiel allein zu entscheiden. Auch in der Defensive verfügt Paulo Bento mit "Pepe" und Fábio Coentrão (beide Real Madrid) über gestandene Leute. Lediglich auf der Position des Torhüters fehlt ein Klassemann.

Die große Stärke der Portugiesen ist das Umschalten von Abwehr auf Angriff, klassisch Konterspiel genannt. Mit ihren schnellen Leuten verstehen sie es außerordentlich gut, in entblößte gegnerische Abwehrreihen zu stoßen. Zudem sollten gegen die Iberer Freistöße in Strafraumnähe vermieden werden. Dank der überragenden Schusstechnik von Cristiano Ronaldo und der mitunter unberechenbaren Ballphysik bergen derartige Standardsituationen eine Menge Gefahrenpotenzial in sich.

Dem ersten Spiel gegen Deutschland wird große Bedeutung zukommen, denn nur bei einem gelungenen Start wird Portugal das Viertelfinale erreichen können.

Bondscoach in Sorge: Verletzung, Formschwächen und Konfliktpotenzial

Zum engsten Favoritenkreis der EM zählt auch die Niederlande. Beim Vize-Weltmeister fehlte es nie an den technischen Fertigkeiten der Spieler. Und wie das WM-Finale 2010 zeigte, versteht es die "Elftal" mittlerweile auch, ein gerüttelt Maß an Härte ins Spiel zu bringen. In genanntem Beispiel wurde die Grenze sicherlich deutlich überschritten. Und sofern es nicht gegen Spanien oder Deutschland geht, pflegt die Mannschaft auch ihren traditionell offensiven Stil, wie der Spitzenwert von 37 Toren in der EM-Qualifikation beweist. Das überdeckt dann die Defensivprobleme, die Trainer Bert van Marwijk derzeit plagen. Die Abwehr steht alles andere als sattelfest. Zu allem Übel plagt Joris Mathijsen zudem eine Oberschenkelverletzung.

Sorgen bereitet den Niederländern auch die akute Formschwäche von Wesley Sneijder. Die zentrale Figur im Spiel gilt bei Bert van Marwijk dennoch als gesetzt, obwohl Rafael van der Vaart schon mit den Hufen scharrt. Einen Härtefäll gibt es auch im Angriff. Hier stehen mit Robin van Persie und Klaas-Jan Huntelaar zwei erstklassige Mittelstürmer zur Verfügung. Das System hält aber nur einen Platz bereit. Und offenbar wird der Schalker, immerhin bester Torjäger der EM-Qualifikation, zunächst das Nachsehen haben.

Die Erwartungen in den Niederlanden sind wie immer hoch. Und nach zäh anlaufender Vorbereitung (Niederlagen gegen den FC Bayern München und Bulgarien) konnte sich die "Elftal" zuletzt gegen die Slowakei (2:0) und Nordirland (6:0) warm schießen. Zudem scheint sich Arjen Robben nach den schweren Enttäuschungen zum Saisonende im Kreis seine Landsleute sehr geborgen zu fühlen, was seiner Leistung sicherlich nicht abträglich sein wird. Insofern steht einem Weiterkommen der Niederländer zunächst nichts im Wege. Ein leichterer Gegner aus der Gruppe A könnte im Viertelfinale zusätzlich helfen. Wie weit es darüber hinaus für "Oranje" geht, hängt davon ab, wie Bert van Marwijk die angesprochenen Probleme lösen wird.

Den Dänen fehlt es an Qualität

Dänemark geht die Europameisterschaft als Außenseiter an. Die Mannschaft von Morten Olsen verfügt nicht über die Qualität, sich gegen die drei Gruppengegner behaupten zu können. Dabei wirkt sich der Ausfall der etatmäßigen Nummer eins noch nicht einmal so gravierend aus. Thomas Sørensen gehört nicht zu den derart überragenden Torhütern, als dass ihn Stephan Andersen nicht adäquat ersetzen könnte. Auch in allen anderen Mannschaftsteilen fehlt das Spitzenniveau. Hier genügen nur einzelne Spieler den höchsten Anforderungen, beispielsweise Stürmer Nicklas Bendtner. Doch auch bei den Führungsspielern und den besonders talentierten Akteuren müssen Abstriche gemacht werden. Dennis Rommedahl (33) ist in die Jahre gekommen, Daniel Agger fiel jüngst knapp zwei Monate wegen eines Rippenbruchs aus. Und Christian Eriksen, stets als überragendes Talent gepriesen, konnte im Trikot der Nationalmannschaft nur selten überzeugen.

Die Ergebnisse der Vorbereitung gestalteten sich durchwachsen. Nachdem man im Februar vor heimischem Publikum gegen Russland verloren hatte, folgte Ende Mai eine 1:3-Niederlage gegen Brasilien. Hier war weniger ein überragendes Auftreten des Rekordweltmeister zu sehen als vielmehr desolates Defensivverhalten und fahriges, fehlerbehaftetes Aufbauspiel der Dänen. Immerhin gelang den Skandinaviern im letzten Testspiel ein 2:0 gegen Australien, womit das Team mit einem Erfolgserlebnis zu EM fahren konnte.

Fazit

Die Vorzeichen lassen in der Gruppe B auf klare Verhältnisse schließen. Deutschland und die Niederlande sollten sich nach menschlichem Ermessen fürs Viertelfinale qualifizieren. Portugal und Dänemark können da nicht mithalten. Über die konkrete Reihenfolge und den Gruppensieg entschieden letztlich Nuancen.

 

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